20. Dezember 2020 – dpa

EU reagiert auf Coronavirus-Mutation

Festung gegen Corona: EU schottet sich gegen Virus-Variante ab

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Coronavirus - Frankreich, Foto: Eric Piermont/AFP/dpa

Mit Flugverboten und Grenzschließungen rüstet sich Europa gegen eine in Großbritannien entdeckte, hoch ansteckende Variante des Coronavirus. Deutschland stoppt Flüge aus Großbritannien weitgehend. Landungen aus dem Land sind ab Mitternacht untersagt, wie aus einer Verfügung des Bundesverkehrsministeriums von Sonntag hervorgeht. Ausgenommen sind demnach etwa reine Frachtflüge. Die Virus-Mutation ist nach britischen Behördenangaben bis zu 70 Prozent ansteckender als die bisher bekannte Form und weitet sich vor allem in London und Südostengland rasant aus. Für die Region ordneten die Behörden einen Shutdown mit Ausgangs- und Reisesperren an.

Die Bundesregierung hatte angekündigt, dass sie auch für den Reiseverkehr zwischen Deutschland und dem ebenfalls betroffenen Südafrika Einschränkungen beabsichtigt. Für beide Länder solle am Montag noch eine Verordnung erlassen werden, kündigte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in der ARD an. Das Bundesinnenministerium hatte die Bundespolizei bereits am Sonntag angewiesen, Reisende aus Großbritannien und Südafrika sofort systematisch zu kontrollieren.

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Coronavirus - Großbritannien, Foto: Dinendra Haria/SOPA Images via Z

«Wir sind in Kontakt mit den Mitgliedstaaten, um den Informationsaustausch zu steigern, und um zu prüfen, wie sie sich koordinieren können», sagte ein Sprecher der EU-Kommission in Brüssel am Sonntag auf Anfrage. Mehrere Länder preschten vor und lassen keine Einreisen aus dem Vereinigten Königreich mehr zu. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft hat wegen der Mutation für Montag ein Notfalltreffen mit Vertretern anderer Mitgliedstaaten einberufen.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Bundeskanzlerin Angela Merkel, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel erörterten in einem Telefonat die Lage. Nach Angaben aus Elysée-Kreisen stand ein gemeinsames Vorgehen angesichts der neuen Variante des Coronavirus im Mittelpunkt.

Die britische Regierung zeigte sich besorgt über die Virus-Mutation. «Sie ist außer Kontrolle, und wir müssen sie wieder unter Kontrolle bekommen», sagte Gesundheitsminister Matt Hancock am Sonntag der BBC. Premierminister Boris Johnson betonte aber, es gebe keine Hinweise darauf, dass die Mutation schwerere Krankheitsverläufe oder eine höhere Sterblichkeitsrate auslöse oder dass Impfstoffe gegen die Mutation weniger effektiv seien.

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Coronavirus - Großbritannien, Foto: Alberto Pezzali/AP/dpa

Einzelne Fälle der Mutation sind offenbar bereits in der EU aufgetreten. Das italienische Gesundheitsministerium teilte mit, bei einem Patienten das entsprechende Genom sequenziert zu haben. Der Patient war demnach kürzlich mit einer weiteren Person per Flug aus dem Vereinigten Königreich in Rom gelandet. Die beiden seien in Isolation. Gesundheitsminister Jens Spahn erwähnte im ZDF Fälle in Dänemark, die aber nach Angaben dänischer Behörden unter Kontrolle seien. Der Europaabgeordnete Peter Liese sprach von nachgewiesenen Infektionen in Belgien und den Niederlanden. «Es wird ja erst seit Kurzem überhaupt auch diese neue Variante gezielt getestet. Man kann nicht ausschließen, dass es schon viele Infektionen auf dem Kontinent gibt», sagte er der «Welt».

In Deutschland ist die neue Variante nach Angaben des Berliner Charité-Virologen Christian Drosten bisher nicht aufgetaucht. Die Verbreitung könne Zufall sein, schrieb der Corona-Experte auf Twitter. Die Mutationen verschafften dem Virus nicht zwingend einen Selektionsvorteil, auch wenn das möglich sei. Ein Selektionsvorteil kann dazu führen, dass sich ein Virus leichter ausbreiten kann.

Experten zeigten sich zuversichtlich, dass der Impfstoff auch gegen die neue Variante wirkt. «Ich sehe da derzeit keinen Grund für Alarm», sagte Richard Neher vom Biozentrum der Universität Basel. Auch Andreas Bergthaler von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (CeMM) in Wien hält die derzeitige Entwicklung nicht für «wahnsinnig alarmierend». Dass Mutationen auftauchen sei nicht ungewöhnlich.

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