Müller kritisiert Thüringen

Berlins Regierender kritisiert Thüringen: «Ein gefährlicher Weg»... FRAGEN & ANTWORTEN

Charit_bereitet_sich_64947243.jpg
Michael Müller

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller hat den Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow für seine Corona-Lockerungs-Entscheidung kritisiert. «Es gab ja eine Verabredung der Ministerpräsidenten, jetzt mindestens zu warten, bis die nächsten Beschlüsse bundesweit auch mit dem Kanzleramt gefasst werden. Er ist da jetzt ausgebrochen, und ich glaube, das ist ein gefährlicher und falscher Weg, den er geht», sagte Müller am Montagabend in der RBB-«Spezial»-Sendung zur Corona-Pandemie. Ramelow (Linke) hatte für ein Ende der allgemeinen Corona-Beschränkungen in Thüringen plädiert und dies mit den geringen Infektionszahlen des Landes begründet.

Müller wies darauf hin, dass die bisherigen Absprachen zwischen Bund und Ländern zum Erfolg bei der Eindämmung des Corona-Virus beigetragen hätten. «Wir haben gemeinsam in unserem föderalen System diese Krise gut bewältigt», sagte der SPD-Politiker. «Auch zwischen Berlin und Brandenburg ist es so, dass mal der eine mit dem Kabinettsbeschluss ein bisschen schneller ist als der andere, aber der grundsätzliche Weg, wie wichtig Abstand, Hygiene, Masken sind, der war doch immer verabredet.» Und das sei auch richtig gewesen.

«Wir sind ja auch immer ein bisschen abhängig davon, was in einer Koalition entschieden wird», räumte Müller ein. «Wichtig ist aber, dass der grundsätzliche Weg - wollen wir öffnen, wollen wir lockern oder doch wieder einen Schritt zurückgehen - dass so etwas miteinander verabredet wird. Und da muss man sagen, hat Thüringen jetzt doch eine neue Qualität in die Diskussion gebracht.» (25.05..2020, dpa)

Bodo_Ramelow_65452795.jpg
Bodo Ramelow, Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dp

FRAGEN & ANTWORTEN: Druck aus dem Osten - Debatte über weitere Corona-Lockerungen

Nach fast drei Monaten Corona-Krise wollen Thüringen und Sachsen im Umgang mit der Pandemie eine neue Richtung einschlagen und setzen damit auch die anderen Bundesländer unter Handlungsdruck. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow hatte schon am Wochenende ein Ende von landesweiten Corona-Schutzvorschriften ab dem 6. Juni ins Gespräch gebracht. Sachsen zog am Montag nach: Statt wie bisher generell Beschränkungen zu erlassen, solle ab 6. Juni generell alles wieder freigegeben werden und nur noch das Wenige an Ausnahmen benannt werden, was noch nicht möglich sein werde, erklärte Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) in Dresden.

Die Bundesregierung reagierte skeptisch. Aus anderen Bundesländern und von Experten kam Kritik.

WAS HAT ES MIT DEM 6. JUNI AUF SICH?

In den Ländern laufen befristete Corona-Schutzverordnungen aus. Es müssen Anschlussregelungen gefunden werden. Das Datum geht auch zurück auf die letzte Schaltkonferenz von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer am 6. Mai. Dort war zwar schon vereinbart worden, dass die Länder, so wie im föderalen System sowieso vorgesehen, ihre eigenen Regeln treffen können. Allerdings hatten sich Bund und Länder auch darauf verständigt, noch mindestens bis zur Woche nach Pfingsten - bis zum 5. Juni - strenge Kontaktbeschränkungen aufrechtzuerhalten: Draußen unterwegs nur mit Personen aus dem eigenen oder einem zweiten Haushalt. Sachsen-Anhalt hatte diese Regel schon aufgeweicht und eine eigene 5er-Regel eingeführt.

FÄLLT NUN IN SACHSEN UND THÜRINGEN DIE MASKENPFLICHT?

Davon ist nicht die Rede. Aus Sachsen hieß es, ob und wann die Pflicht zur Mund-Nasen-Bedeckung und zum Abstandhalten aufgehoben wird, sollte bundesweit gemeinsam entschieden werden. Auch Thüringens Ministerpräsident Ramelow kündigte am Montag in Interviews an, dass er an der Maskenpflicht festhalten wolle. Zum grundsätzlichen weiteren Vorgehen hatte der Linken-Politiker am Wochenende aber gesagt, es gehe jetzt um das Motto: «Von Ver- zu Geboten, von staatlichem Zwang hin zu selbstverantwortetem Maßhalten». Die landesweiten Regeln sollen nach seiner Ansicht wegfallen, an ihre Stelle können lokale Anordnungen der Gesundheitsämter treten - falls nötig. Über Details soll am Dienstag das Kabinett in Erfurt beraten.

WIE REAGIERT DIE BUNDESREGIERUNG?

Skeptisch: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ist weiter für «verbindliche Anordnungen» was Abstand, Kontaktbeschränkungen und Hygieneregeln in der Corona-Krise betrifft. Sie halte es für falsch, dabei nur auf Gebote zu setzen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag. «Es darf in keinem Fall der Eindruck entstehen, die Pandemie wäre schon vorbei», sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) der «Bild»-Zeitung.

Im Hintergrund beriet Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) am Montag mit den Chefs der Staatskanzleien der Länder über das weitere Vorgehen - zunächst ohne abschließendes Ergebnis. Die Bundesregierung setzte sich zunächst dafür ein, dass Kontaktbeschränkungen bis 5. Juli weiter aufrechterhalten werden, allerdings sollen private Treffen drinnen und draußen mit bis zu zehn Personen möglich sein, wie aus einer Beschlussvorlage für das Gespräch hervorging. In einer späteren Version des Papiers war dann nur noch vom 29. Juni die Rede.

WIE REAGIEREN ANDERE BUNDESLÄNDER?

Scharfe Töne kamen aus Bayern: Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bezeichnete die Ankündigung aus Thüringen als «fatales Signal» und kündigte im Zweifel Gegenmaßnahmen an. «Wir werden uns da noch ein Konzept überlegen müssen, wie wir darauf reagieren», sagte er. «Ich möchte nicht, dass Bayern noch mal infiziert wird durch eine unvorsichtige Politik, die in Thüringen gemacht wird.»

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sagte, sie halte es für falsch, Kontaktbeschränkungen und Hygiene-Regeln einseitig aufzukündigen. Die niedersächsische Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD) bezeichnete das Vorgehen Thüringens als «schwerwiegenden Fehler» und ein «vollkommen falsches Signal». Dass die Corona-Epidemie derzeit unter Kontrolle sei, sei nachweislich den Beschränkungen zu verdanken, sagte sie.

WAS SAGEN EXPERTEN UND VIROLOGEN?

«Das ist ein Bevölkerungsexperiment, von dem wir nicht wissen, wie es ausgeht», mahnte der Arzt und Gesundheitsversorgungsforscher Max Geraedts von der Universität Marburg. Durch Reisen und Besuche würde die Krankheit auch wieder in Landkreise gebracht, die aktuell keine Infektionen mehr registrieren. «Die Menschen in Thüringen leben nicht alleine». Ohne die Corona-Beschränkungen und Hygieneregeln seien die Menschen dort nicht mehr vor dem Virus geschützt. «Das ist nicht vertretbar.» Die Virologin Melanie Brinkmann vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig sagte, die Lage sei nicht viel anders als im Februar, es gebe weiter keine Entwarnung. «Ich bin mir nicht sicher, ob die Eigenverantwortung der Menschen ausreichen wird.» Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, warnte: «Alles freizugeben, ist falsch. Für die Menschen in der Hochrisikogruppe lebensgefährlich». (25.05..2020, dpa)

Coronavirus_Gesundhe_64600563.jpg
Coronavirus - Gesundheitsministerkonferenz, Foto: Kay Nietfeld/dpa

RKI: Fragen und Antworten zum neuen Coronavirus... »
RKI: Liste der Risikogebiete... »
RKI: Postleitzahl-Suche nach Gesundheitsämtern... »
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Fragen und Antworten zum neuen Coronavirus... »

Berliner Gesundheitsverwaltung: Impfempfehlung... »
Tipps zum Husten und Niesen auf infektionsschutz.de... »
Tipps zum Händewaschen auf infektionsschutz.de... »
Fragen und Antworten zu Covid-19 auf infektionsschutz.de... »

Coronavirus-Hotline der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung (täglich von 8 bis 20 Uhr): (030) 90 28 28 28

Informationen der Senatsverwaltung für Gesundheit zum neuartigen Coronarvirus... »

Mehr zum Corona-Virus: www.spreeradio.de/news/coronavirus

Weitere News

undefined
Audiothek