18. November 2020 – dpa

Fitnessstudios zu Corona-Zeiten

Corona-Pandemie: Was gilt, wenn Fitnessstudios schließen müssen?

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Schließung von Fitnessstudios, Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

Spät hell, früh dunkel, dazu noch kalt und oft auch noch Regen: Sport im Freien macht derzeit wenig Spaß. Zu allem Überfluss sind Fitnessstudios coronabedingt wieder geschlossen.

Das heißt für viele: Statt im Sportstudio zu trainieren, wird die Fitnessmatte wieder im Wohnzimmer ausgerollt. Stellt sich die Frage: Was heißt das für die Mitgliedschaft im Studio? Wichtige Fragen und Antworten.

Muss der Beitrag gezahlt werden, wenn das Studio zu ist?

Im Prinzip gilt: Wenn eine vereinbarte Leistung nicht angeboten wird, kann dafür auch kein Geld verlangt werden. Juristen sprechen in diesem Zusammenhang von einer rechtlichen Unmöglichkeit.

Das heißt: Die Betreiber dürfen ihre Dienstleistung aufgrund der Vorgaben derzeit nicht anbieten. Für Kunden entfällt damit die Pflicht, ihre Beiträge zu zahlen. Geregelt ist das in Paragraf 326 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

Sehen das auch alle Gerichte so?

Nein, vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie stellen sich aus Sicht einiger Richter manche Fragen neu. So befand etwa das Landgericht Würzburg in einem Urteil (Az.: 1 HK O 1250/20): «Die Covid-19-Pandemie fällt in die Kategorie der sogenannten "Störung der großen Geschäftsgrundlage".» Nach Ansicht der Richter ist die Rechtslage vielfach ungeklärt und umstritten, da privatrechtliche Vertragsverhältnisse durch die Pandemie gestört werden.

Im Falle der behördlich verfügten Schließung des Fitnessstudios sei daher nicht ohne Weiteres davon auszugehen, dass die Kunden einen Anspruch auf Erstattung der Beiträge haben. In dem Verfahren ging es um die Frage, ob die Äußerung, dass sich die Vertragslaufzeit wegen der Corona-Anordnungen verlängert, wettbewerbswidrig ist.

Studiobetreiber hätten mit ihren Kunden oft ein Vielzahl von Kompensationen vereinbart, damit das Studio nicht Insolvenz anmelden muss, erklärt der Rechtsanwalt Hans A. Geisler aus Bielefeld. «Die meisten Kunden waren und sind loyal, weil sie natürlich wissen, dass es für alle Beteiligten eine schwierige Situation ist.»

Kann ich mir bereits gezahlte Beiträge erstatten lassen?

Wenn Mitglieder Beiträge im Voraus gezahlt haben, kann im Prinzip ein Erstattungsanspruch für die Zeit der Schließung bestehen. Nach der am 20. Mai in Kraft getretenen Gutscheinlösung müssen Kunden aber auch Wertgutscheine akzeptieren, erklärt Robert Bartel, Rechtsreferent der Verbraucherzentrale Brandenburg. «Das gilt zumindest bei allen Verträgen, die vor dem 8. März abgeschlossen wurden.»

Die Wertgutscheine dürfen für alles eingelöst werden, nicht nur für ein bestimmtes Angebot. Auf dem Gutschein muss laut Gesetz stehen, dass er wegen der Coronakrise ausgestellt wurde. Zudem muss er die Information enthalten, dass der Kunde die Auszahlung des Gutscheinwertes verlangen kann, wenn er diesen nicht bis zum 31. Dezember 2021 eingelöst hat.

Wie sollte der Gutschein aussehen?

Im Prinzip dürfen Fitnessstudios ihren Kunden verschiedene Alternativen als Ausgleich für die Schließung anbieten, erklärt die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Verpflichtend ist, dass - wie von der Bundesregierung beschlossen - auch der insolvenzabgesicherte Gutschein darunter ist.

Dieser offizielle Gutschein hat aus Sicht der Verbraucherzentrale einen Vorteil: Sollte das Fitnessstudio bis Ende 2021 insolvent gehen, springt der Bund ein und zahlt die Entschädigung an Verbraucher aus. Daneben steht es Fitnessstudios frei, ihren Kunden andere Entschädigungen anzubieten - alle Möglichkeiten sollten transparent dargestellt werden.

Muss ich den Gutschein akzeptieren?

Nein, es gibt Ausnahmen. Ist es für einen Kunden unzumutbar, einen Gutschein anzunehmen, darf er ihn auch ablehnen. Auch das ist gesetzlich geregelt. Nicht erklärt wird aber, welche persönlichen Lebensumstände gemeint sind - das wird Auslegungssache sein.

Nach Ansicht der Verbraucherzentrale Brandenburg könnte eine Auszahlung des Gutscheines gerechtfertigt sein, wenn ein Kunde nachweisen kann, dass er ohne das Geld nicht in der Lage ist seine Miete oder Energierechnungen zu begleichen. Das müsste der Kunde aber entsprechend erläutern.

Dafür bestehen jedoch keine große Hürden, so die Ansicht der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg: Kunden müssen ihre Notlage gegenüber dem Studiobetreiber nachvollziehbar erklären. Kontoauszüge oder spezielle Unterlagen könne dieser nicht ohne Weiteres verlangen.

Verlängert sich der Vertrag durch die Schließung?

Manche Betreiber bieten derzeit an, den Vertrag kostenfrei um die Zeit der Schließung zu verlängern. Aus Sicht der Verbraucherzentrale Brandenburg ist das rechtlich nicht ohne Weiteres zulässig: «Verträge dürfen nicht einfach einseitig verändert werden», sagt Bartel. «Und eine solche Verlängerung wäre eine Veränderung.» Nötig wäre hier grundsätzlich eine Zustimmung der anderen Vertragspartei. Das heißt: Kunden können solche Angebote im Prinzip auch ablehnen.

Zu einer anderen Einschätzung kommt das Amtsgericht Torgau (Az.: 2 C 382/19). Auch hier bewertet das Gericht die Corona-Pandemie als Störung der Geschäftsgrundlage. Vor diesem Hintergrund sei es für eine Kundin zumutbar, die Stundung der Mitgliedsbeiträge während der coronabedingten Schließung hinzunehmen und diesen Zeitrahmen von drei Monaten an das reguläre Vertragsende hintendran zu hängen.

Aus Sicht von Geisler ist es daher durchaus sachgerecht, wenn Verträge angepasst werden. «Keine der beiden Parteien hat eine Situation, wie durch die nunmehrige Pandemie bedingt, bei Vertragsschluss vorhergesehen und bedacht.»

Kann ich den Vertrag jetzt auch kündigen?

Wer an seinem Vertrag nicht mehr festhalten will, kann ihn grundsätzlich fristgemäß kündigen. Aus Sicht von Bartel ändert auch hier die Pandemie nichts am vereinbarten Vertragsende. Gerichtlich geklärt ist diese Frage aber nicht. Ein Sonderkündigungsrecht besteht - im Fall der behördlich verfügten Schließungen - allerdings nicht, denn dafür gibt es keine gesetzliche Grundlage.

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