Kinotipp

Jojo Rabbit

Kriegssatire «Jojo Rabbit»: Hitler als imaginärer Freund

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Die Bewertung von Hans-Ulrich Pönack:

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4 PÖNIS

Slapstick mit kitzligem Augenzwinkern: «Jojo Rabbit» krachledert vom Ideen-Feinsten!


Der Trailer:


Jojo Rabbit

Genre: Drama
Produktion: USA 2019
Laufzeit: 108 Minuten
FSK: Freigegeben ab 12 Jahren
Regie: Taika Waititi
Darsteller: Roman Griffin Davis, Scarlett Johansson, Thomasin McKenzie, Taika Waititi, Sam Rockwell

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Kinostart:
23.01.2020


Pönis Filmkritik anhören:

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25.01.2020
Kinotipp: Jojo Rabbit
Kinoexperte Hans-Ulrich Pönack über den Film «Jojo Rabbit»...
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Zum Film:

Die Geschichte ist so schräg wie der Filmtitel: Die Kriegssatire «Jojo Rabbit» dreht sich um einen zehnjährigen Jungen, der Adolf Hitler zu seinem imaginären Freund macht.

Jojo (Roman Griffin Davis) lebt mit seiner alleinerziehenden Mutter, gespielt von Scarlett Johansson, die ein jüdischen Mädchen in ihrem Haus versteckt hat. Sam Rockwell tritt als Ausbilder bei der Hitlerjugend in Aktion. Der neuseeländische Regisseur Taika Waititi («Thor: Tag der Entscheidung») schlüpft selbst in die Hitler-Rolle.

Mit «Jojo Rabbit» gelingt ihm ein satirischer Seitenhieb auf Hass-Ideologien. Für den Film gab es bereits Nominierungen bei den Golden Globes und für mehrere Oscars. (dpa)

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Foto: -/Twentieth Century Fox/dpa

Hans-Ulrich Pönack über den Film:

(...) ER ist ein neuseeländischer Autor, Regisseur, Produzent, Schauspieler, Maler und Comedian. Dass er den Schalk im Nacken besitzt, bewies er 2014 mit seiner Vampir-Groteske "5 Zimmer, Küche, Sarg". 2016 erreichte uns sein Film "Wo die wilden Menschen jagen" übers Heimkino (s. Heimkino-KRITIK). Für seinen ersten Hollywood-Streifen, "Thor: Tag der Entscheidung" (s. Kino-KRITIK), bekam Taika Waitit, gute Noten. Bei seinem neuen, 6fach "Oscar"-nominierten Werk beginnt "der Jux" sofort: Anstatt der berühmten FOX-Fanfare hören wir deutsches Liedgut. Begleitet von den 1964er Beatles: "Komm, gib mir deine Hand". Währenddessen NS-Propaganda aus alten Wochenschau-Aufnahmen mit frenetischen Massen und "Sieg Heil"-Rufen schaudert. P.S. mal schon hier: Während der Abspann läuft, ertönt der Song "Helden" von David Bowie. Zudem wird eine Texttafel gezeigt, die Rainer Maria Rilkes "Stundenbuch" zitiert: "Lass dir Alles geschehen: Schönheit und Schrecken. Man muss nur gehn: Kein Gefühl ist das fernste".

Wieder im Focus: Kann man über Adolf lachen. Antwort: Aber ja doch. Hier jedenfalls mal wieder. Wenngleich - ersetzen wir besser lachen durch: gemeines Schmunzeln. 1944. Johannes "Jojo" Betzler ist ein 10-jähriger Nazi-Bub (ROMAN GRIFFITH DAVIS). Aus einer deutschen Kleinstadt. Fanatisch-begeistert nimmt er am Ertüchtigungslager der Hitler-Jugend teil. Gemeinsam mit seinem Freund Yorki (ARCHIE YATES), einem treu-pfiffigen Mitläufer. Wo sich Johannes lautstark vor dem verantwortlichen Hauptmann Klenzendorf (SAM ROCKWELL), einem notorischen wie resignierten Säufer, "kämpferisch" gibt. Allerdings - als er, als Mutaufgabe, einen niedlichen lebenden Hasen vor versammelter Gruppe töten soll, kriegt er das nicht hin. Was ihm den Filmtitel-Spitznamen einbringt. Dann allerdings hantiert er mit einer Handgranate. Leider auch ungeschickt. Dass dadurch sein Gesicht entstellt ist, nimmt er als Hitler-gegeben hin. Denn DER, Führer, gespielt vom Regisseur höchstpersönlich schön-albern, befindet sich ständig in seinem Schlepptau. Imaginär, natürlich. Als "nützlicher Ratgeber". Was prompt des Öfteren, eigentlich dauernd, zu "Missverständnissen" führt. Und Auflösungserscheinungen. Besser: Zersetzungserscheinungen. Was diese Nazi-Parolen betrifft. Und "die Praktiken" dazu.

Zuhause aber entdeckt Jojo "Schlimmes". Die sich sonst ständig "gleichgesinnt" gebende Mama (SCARLETT JOHANSSON) hat eine Jüdin namens Elsa (THOMASIN McKENZIE) versteckt. Was Johannes auf die Idee bringt, mit Elsa "trotzdem" heimlich Kontakt aufzunehmen, um ein Buch über die letzten Wahrheiten der Juden zu schreiben. Doch der Kontakt zur "seltsam sympathischen" jungen Frau beschert Jojo ungeahnte Überraschungen. Und merkwürdige Gefühlsregungen.

"Kinder werden nicht mit Hass geboren, es wird ihnen beigebracht zu hassen" (Taika Waititi im Presseheft): Jojo oder: das Weltbild eines kleinen bemühten Nazis. Inmitten von listigen Wirrungen. Und komischen Irrungen. Als eine Art Anti-Nazi-Satire. Was diese cartoonalen Rechtsarmigen ad absurdum führt. Nazis als vertrottelte Arschgeigen, in denen böse Banalitäten stecken. Die einem kleinen Jungen zu schaffen machen. Eine filmische Gratwanderung, die lakonisch-originell "braun" zersetzt. Natürlich stehen hierbei Chaplin ("Der große Diktator"), Ernst Lubitsch ("Sein oder Nichtsein") oder Mel Brooks ("Frühling für Hitler") Pate. Oder auch: "Das Leben ist schön" von Roberto Benigni.

Slapstick mit kitzligem Augenzwinkern: "Jojo Rabbit" krachledert vom Ideen-Feinsten.

Mehr Infos, Kritiken zu Kinofilmen und DVD's gibt es in Pönis Filmclub auf www.poenack.de

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