Kinotipp
Lindenberg! Mach Dein Ding
Biopic über das Leben des jungen Udo Lindenberg - von der Provinz bis auf die ganz großen Bühnen Deutschlands
Die Bewertung von Hans-Ulrich Pönack
3 Pönis
Zu viel über die "Anlauf-Probleme" des jungen Udo als über "das Gesamtpaket" UDO LINDENBERG
Der Trailer:
Lindenberg! Mach Dein Ding
Genre: Biopic, Drama, Musikfilm
Produktion: Deutschland 2018/19
Laufzeit: 133 Minuten
FSK: Freigegeben ab 12 Jahren
Regie: Hermine Huntgeburth
Darsteller: Jan Bülow, Max von der Groeben, Charly Hübner u.v.m.
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Kinostart: 16.01.2020
Pönis Filmkritik anhören:
16.01.2020
Kinotipp: Lindenberg! Mach Dein Ding
Kinoexperte Hans-Ulrich Pönack über den Film «Bad Boys For Life»...
Zum Film:
Während Udos Vater Gustav betrunken als Dirigent im Wohnzimmer auftritt und die Familie aufmerksam vom Sofa zuschaut, trommelt der 6-jährige Udo im Takt auf einem Blecheimer – der Traum einer Karriere als Musiker ist geboren.
In den darauffolgenden Jahren übt er ununterbrochen auf dem Schlagzeug. Seinem Vater wäre es jedoch lieber, wenn er seinesgleichen folgt und einen Beruf als Klempner in Betracht ziehen würde. Udo will seinen Traum jedoch unbedingt verwirklichen und verlässt mit 15 Jahren seine Heimat. (dcm)
Hans-Ulrich Pönack über den Film:
(...) Musiker-Sänger-Biopics sind seit geraumer Zeit im KINO stark angesagt. "Bohemian Rhapsodie" (Queen/Freddy Mercury); "Rocketman" (Elton John) und gerade "Judy" (Judy Garland) sowie vor einiger Zeit "Amy" (Amy Winehouse), aber auch - in ewiger Erinnerung - "Walk The Line" (Johnny Cash) oder "Ray" (mit dem überragenden "Oscar"-Jamie Foxx als Ray Charles) sind überzeugende Spitzen-Unterhaltungsbeispiele dafür. Nun Deutschland. Mit einem würdigen Rock-Vertreter: UDO LINDENBERG. Allerdings - die Herangehensweise ist nicht "international", sondern typisch spießig-deutsch. Warum:
1.) Drei Drehbuch-Autoren haben sich, sehr spürbar, abgemüht, mehr über die "Anlauf-Probleme" des Udo Lindenberg, geboren am 17. Mai 1946 im westfälischen Gronau, nachzudenken und darüber ein Drehbuch zu verfassen als über "das Gesamtpaket" UDO LINDENBERG. Die Folge: Eine ausführliche "Berichterstattung" über die Dauerschwierigkeiten mit dem erzkonservativen, strengen und schlichten Klempner-Vater (CHARLY HÜBNER), der unbedingt darauf aus ist, dass Udo in seine handwerklichen Fußstapfen tritt. Was Udo, der Dauer-Trommler, aber nicht will. Konflikte zuhauf, viel zu sehr ausgedehnt. Nach den ersten Bildern wird dies klar, aber es wird immer und immer nochmal thematisch angerissen. Was zu reichlicher Problem-Langeweile führt. Die nur kurz auftauchende Mutter dagegen (JULIA JENTSCH) - immer nett-bieder. Kein Thema.
2.) Danach - der scheu-staunende Schnodder-Junge. Auf St. Pauli und anderswo (US-Luftwaffenstützpunkt in Libyen). Dabei, ständig, mit AHA-Ausrufungszeichen immer ER, DER mit der Schnapspulle in der Hand. Verstehe: Dauersaufen, Drogen, ein bisschen ficken. Abhängen. Sein Suchen. Nach dem erfolgreichen Ich. Nach dessen mögliche Realisation. Später: Das Mädel in Ost-Berlin. JAN BÜLOW als lockerer Young-Boy Udo = naiv, kess, auf dem exzessiven Depri-Kotz-Bums-Weg zum Rock-Champ, gibt sich als Udo-Junior angestrengt große Mühe. Sowohl auf der Reeperbahn wie auch bei einer - dann abgebrochenen - Kellner-Lehre in einem schmucken Hotel. Wo ein weiblicher Dauer-Gast schon mal seine Körper-Nähe bestellt. Okay, verstehe, eine Shit-Kindheit. Jugend. Viel (Lebens-)Müll. Aber: wo ist eigentlich d e r UDO LINDENBERG, auf dessen Abrocken und Erfolgsspuren wir warten??? Auf dass er endlich - auch auf der Leinwand - SEIN DING macht? Wie versprochen? Als Wegbereiter des Deutsch-Rock. 'n Roll. Film-Antwort: Lieber (zu) viele Probleme aufwühlen. Mit vergleichsweise wenig Lindenberg- und dafür zeitgenössischer Schlager- und Rock-Musik. Im Hintergrund ("Der lachende Vagabund"/Fred Bertelmann; Stones-Klänge).
3.) Zwischendurch mal einige Udo-Start-Songs sowie ewige Streitereien und Versöhnungshahnenkämpfe mit Kumpel- und Bassisten-Freund Steffi Stephan (imponierend: MAX VAN DER GROEBEN). In der Wiederholungsschleife aber sich abnutzend.
4.) Der starke Auftritt von DETLEF BUCK. Was für 'ne spannende Type. Als "Teldec"-Platten-Entscheider, dessen Büro wie das Innere eines Raumschiffes ausschaut und dessen "Elvis"-Klamotten prächtig riechen. Der wie eine Business-Zecke an Udo dranbleibt. Buck hat dafür einen Preis verdient, was für einen auch immer. Eine Klasse-Reiz-Figur. Außen wie innen. BUCK ist der eigentliche STAR. Hier.
5.) Die dreifache "Grimme"-Preisträgerin HERMINE HUNTGEBURTH, Paderbornerin des Jahrgangs 1957, manchmal im Kino ("Im Kreis der Lieben"/1991; "Bibi Blocksberg"/2002; "Effi Briest"/2009), meistens im Fernsehen unterwegs (zuletzt "Tatort"), kümmert sich beim Udo-Film nicht um die - eigentlich notwendige, angebrachte - "Seelen"-SHOW, ums Entertainment, sondern eben viel lieber "um das graue Problematische" aus dem frühen Innenleben des Rock 'n' Rollers. Ergebnis: Wie Trockenficken mit Musik. Mit ohne Kitzel. Prickeln. Anarcho-Dampf. Wo ist er, dieser sagenhafte, abgehende, fetzige, rüde Deutsch-Rock? Von Udo? In den letzten 20 Minuten ebnet der missmutige Spielfilm endlich der Udo-Performance den schwungvollen Unterhaltungsweg. Doch wenn ich über 130 Minuten Zeit habe für den King UDO LINDENBERG und daraus nur rund eine End-Halbe-Stunde mit ihm emotional power-nutze, ist das schwach.
6.) Bin angefressen. Wie wir hierzulande wieder einmal eine Chance für einen heißen einheimischen Rock- & Typen-KINO-Film vermasseln. Lege mir 'ne Udo-LP auf und kriege d a s wahre Kribbeln, was der Film über ihn nur begrenzt hinbekommt. Eigentlich ziemlich verdattelt. Halt: Dieser "echte" Udo-Auftritt am Film-Ende ("Niemals dran gezweifelt") sorgt dann wenigstens für eine Prima-Rausschmeißer-Atmo bei diesem Gig mit der (zu) vielen Langeweile und diesen zahlreichen Durststrecken.
P.S.: Wusste gar nicht, dass UDO es ist, der auf der "Tatort"-Titelmusik von Jazzer Klaus Doldinger trommelt.
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