Blackout in Berlin

30 Stunden ohne Strom

Ein Szenario von Berlin-Reporter Toni Schmitt

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Von einer Sekunde auf die nächste ist alles anders!

Am 19. Februar 2019 brach in Köpenick plötzlich der Strom weg. Bei Bauarbeiten auf der Salvador-Allende-Brücke hatte ein Bagger ein Kabel gekappt. Knapp 100.000 Köpenicker waren von jeglicher Energieversorgung abgeschnitten - kein Strom, keine Heizung!

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Berlin-Reporter Toni Schmitt

Berlin-Reporter Toni Schmitt war damals vor Ort und hat für Sie rund um die Uhr berichtet.

Nun geht er der Frage nach: Was, wenn so ein Stromausfall noch viel schlimmer wäre?

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31.03.2020
30 Stunden ohne Strom
Ein Szenario von Berlin-Reporter Toni Schmitt...
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Stromausfall in Köpenick: Fragen & Antworten

Nach einem der längsten Stromausfälle seit Jahren ist der Alltag im Berliner Ortsteil Köpenick am 21. Februar 2019 wieder angelaufen. Mehr als 30.000 Haushalte und 2000 Gewerbebetriebe waren seit Dienstagnachmittag (19.02.2019) von dem mehr als 30-stündigen Blackout betroffen. Seit Mittwoch (20.02.2019) 21.22 Uhr fließt der Strom wieder überall im Südosten der Hauptstadt. Die Aufarbeitung des Falls...

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Stromausfall in Köpenick, Foto: Jörg Carstensen/dpa

WIE OFT KOMMEN STROMAUSFÄLLE BUNDESWEIT VOR?

Längere Stromausfälle sind in Deutschland laut Bundesnetzagentur selten. Im Jahr 2017 gab es deutschlandweit rund 166 500 Ausfälle, die länger als drei Minuten dauerten. Rein rechnerisch bedeutet das, jeder Verbraucher 2017 gut 15 Minuten ohne Strom war. Die Qualität der Stromversorgung in Deutschland sei im europäischen Vergleich auf einem sehr hohen Niveau, sagte ein Sprecher der Netzagentur.

Der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik hat errechnet, dass ein Kunde durchschnittlich nur alle dreieinhalb Jahre mit einem Stromausfall rechnen müsse. Die kürzeste Unterbrechungsdauer 2017 hatte laut Bundesnetzagentur Rheinland-Pfalz mit rund 7 Minuten; in Berlin waren es 2017 knapp 18 Minuten. Die längste durchschnittliche Unterbrechung hatte Brandenburg mit fast 21 Minuten.

WER IST SCHULD AN DEM BERLINER BLACKOUT?

Das wird jetzt untersucht. Berlins Umweltsenatorin Regine Günther (parteilos/für die Grünen) sagte am Donnerstag, erste Erkenntnisse deuteten auf einen Fehler der Baufirma hin, die bei den Arbeiten an der Salvador-Allende-Brücke sowohl das Haupt- als auch das Ersatzkabel durchtrennt habe. Die Lage der Kabel sei den beteiligten Firmen bekannt gewesen, sagte der Sprecher der Umweltverwaltung. Eine Arbeitsgemeinschaft aus drei Firmen hatte demnach die Arbeiten an der maroden Berliner Brücke übernommen. Die Unternehmen hätten einzelne Arbeiten an «Unterauftragnehmer» vergeben.

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Stromausfall in Köpenick, Foto: Julian Stähle/dpa-Zentralbild/d

HAT SICH VON FIRMENSEITE SCHON JEMAND GEMELDET?

Die österreichische Porr AG mit Sitz in Wien teilte mit, dass ihre Berliner Tochtergesellschaft Stump Spezialtiefbau GmbH die beiden Starkstromkabel bei einer Horizontalbohrung beschädigt habe. Eine Bohrfreigabe des nicht näher bezeichneten Auftraggebers habe vorgelegen. «Offensichtlich war dem Auftraggeber nicht bekannt, dass hier Stromleitungen verlegt worden waren», hieß es in der Erklärung.

WAS SIND DIE HÄUFIGSTEN URSACHEN FÜR STROMAUSFÄLLE?

Häufig sind laut Netzagentur Ausfälle durch Stürme, Hochwasser, Schnee oder andere Umweltereignisse. «Der sogenannte Baggerbiss ist als Ursache für Stromausfälle recht selten», sagte ein Sprecher. Die durch das Wetter verursachten Ausfallzeiten hätten sich 2017 gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt. Die Dauer von Unterbrechungen durch Einwirkungen Dritter wie etwa bei Bauarbeiten nahmen demnach leicht ab.

WER IST ZUSTÄNDIG, WENN EIN BUNDESLAND PROBLEME NICHT SCHNELL ALLEIN IN DEN GRIFF BEKOMMT?

Auch in einer Krise behalte jeder Akteur seine Zuständigkeit, teilte das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe auf dpa-Anfrage mit. Das seien Stromnetzbetreiber, Behörden und Bevölkerung. Originär zuständig für die Gefahrenabwehr sei die kommunale Ebene. Mit den Katastrophenschutzgesetzen der Bundesländer gebe es starke Instrumente für die Gefahrenabwehr. Der Köpenicker Stromausfall sei zwar eine Herausforderung, aber kein überregionaler Ausfall gewesen. Bei einem solchen könnte überörtliche Hilfe angefordert werden, wenn die Ressourcen vor Ort nicht reichen.

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Stromausfall in Köpenick, Foto: Julian Stähle/dpa-Zentralbild/d

WER KOMMT FÜR SCHÄDEN VON PRIVATLEUTEN AUF?

Grundsätzlich ist die Hausratversicherung für entstandene Schäden zuständig, erklärte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Ob Betroffene aber tatsächlich Geld bekommen, hänge vom Vertrag ab. Denn im Basisschutz sei Stromausfall kein versichertes Risiko. Dieses lasse sich aber zusätzlich versichern, sagte Rechtsanwalt Sven-Wulf Schöller für den Deutschen Anwaltverein. Wer sich an seine Versicherung wendet, sollte vorher den Schaden gut dokumentieren.

WAS LÄSST SICH AUS DEM BERLINER FALL LERNEN?

Eine Lehre sei, dass viele Maßnahmen, wie die Versorgung mit Tee und Suppe, Zeit in Anspruch nehmen, sagte der Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenick, Oliver Igel (SPD) der dpa. «Wir lernen daraus natürlich auch, dass man solche Prozesse gegebenenfalls früher in Auftrag geben muss.» Die Dauer des Ausfalls sei anfangs jedoch nicht absehbar gewesen. Hätte es noch länger gedauert, wären die Aufgaben größer geworden, so etwa mehr Übernachtungsmöglichkeiten im Warmen bereitzustellen. Das Zusammenspiel der Hilfskräfte sei gut gewesen. Igel sprach von einer «großen Gemeinschaftsleistung».

Das Rote Kreuz monierte die schlechte Ausstattung des Katastrophenschutzes. «Ein Großteil unserer Ausrüstung und Fahrzeuge ist älter als mancher unserer Helfer», sagte der Berliner Beauftragte für den Katastrophenschutz. (dpa)

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