18. Juli 2022 – dpa
Es ist wichtig, sie zu haben. Aber es kann auch gute Gründe geben, Versicherungen zu kündigen. Etwa, weil sich die Lebensumstände geändert haben. Oder, weil sich bei einem Check der Verträge herausgestellt hat, dass ein anderer Anbieter die gleichen Versicherungsleistungen zu einem viel günstigeren Preis anbietet.
Doch Kündigen ist nicht gleich Kündigen. Es gibt eine außerordentliche und eine ordentliche Kündigung. Eine «außerordentliche Kündigung», auch bekannt als «Sonderkündigung», können Versicherungsnehmerinnen und -nehmer nur unter bestimmten Voraussetzungen aussprechen.
«In der Regel nach einer Beitragserhöhung ohne Erhöhung des Versicherungsschutzes oder nach einem Schadensfall», sagt Sandra Klug von der Verbraucherzentrale Hamburg.
Es gibt aber auch Ausnahmen: «Bei bestimmten Policen hat der Versicherungsnehmer kein Sonderkündigungsrecht im Fall einer Prämienerhöhung», sagt Jörg Asmussen vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Dazu zählen Renten- oder Kapitalversicherung, Riester-Versicherung, Risikoversicherung sowie Unfall- und Berufsunfähigkeitsversicherung.
Sonderkündigungsrecht für Versicherer
Wichtig zu wissen: Auch das Versicherungsunternehmen hat im Schadensfall die Möglichkeit, eine außerordentliche Kündigung auszusprechen. So ist der Anbieter berechtigt, den Vertrag innerhalb eines Monats nach der Schadenregulierung zu kündigen.
«In jedem Fall steht das Unternehmen in der Pflicht, den Schaden zu Ende zu regulieren», so Asmussen. Häufig bieten Versicherer dem Kunden einen neuen Vertrag mit geänderten Konditionen an.
Und was ist eine «ordentliche Kündigung»? Davon ist die Rede, wenn eine Partei - ob nun Versicherungsnehmer oder Anbieter - von dem regulären Kündigungsrecht Gebrauch macht. Dies ist ohne Anlass unter Einhaltung der Kündigungsfristen möglich.
Welche Fristen gelten, hängt von der jeweiligen Versicherungsart ab. Genaue Informationen finden sich in den Vertragsbedingungen und in dem Produktinformationsblatt.
«Üblicherweise sind Verträge zum Ende eines Versicherungsjahres zu kündigen», sagt Verbraucherschützerin Klug. Oft gilt eine Frist von drei Monaten. So ist es zumeist bei Sachversicherungen der Fall - etwa bei Haftpflicht-, Hausrat-, Wohngebäude-, Rechtsschutz- oder Unfallversicherungen. Bei Kfz-Versicherungen beträgt die Frist einen Monat zum Versicherungsjahresende.
Lebensversicherung unkündbar
Bei kapitalbildenden Versicherungen gelten andere Regeln. «Wer monatlich zahlt, kann monatlich kündigen und alle, die jährlich zahlen, können jährlich kündigen», so Sandra Klug.
Achtung: Rürup-Verträge lassen sich gar nicht kündigen, man kann sie aber beitragsfrei stellen. Gezahlte Beiträge werden weiter verzinst. Riester-Verträge sind zwar kündbar. «Da aber Zulagen und Steuervorteile zurückzuzahlen sind, sollte man sich eine Kündigung gut überlegen», rät Verbraucherschützerin Klug.
Übrigens: Ein Versicherer kann die Lebensversicherung eines Versicherungsnehmers oder einer Versicherungsnehmerin nicht kündigen. «Das ist gesetzlich zum Schutz von Kunden untersagt», sagt Asmussen. Bei privaten Rentenversicherungen ist eine Kündigung seitens des Anbieters ebenfalls nicht erlaubt.
Besondere Regeln für die BU
Und bei der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) gilt: Der Versicherer kann einem Versicherten nicht kündigen, wenn er ihm Leistungen gewährt hat. Der Versicherungsnehmer selbst kann den Vertrag nicht ordentlich kündigen, wenn er wegen Berufsunfähigkeit Leistungen erhält, so Asmussen. Das ist erst wieder möglich, wenn die versicherte Person keine Leistungen mehr aus der Berufsunfähigkeitsversicherung bezieht, etwa weil sie wieder arbeitet.
Was generell bei der Kündigung einer Police durch den Versicherungsnehmer oder die Versicherungsnehmerin zu beachten ist: Ist der Vertrag von vornherein für eine Dauer von drei Jahren geschlossen, dann ist er auch erst zum Ende des dritten Jahres kündbar, wie Sandra Klug sagt.
Formfehler vermeiden
Kündigungen sollten Verbraucher per Einwurfschreiben oder per Fax mit Sendebericht verschicken. Möglich ist auch, per E-Mail eine Kündigung auszusprechen. In dem jeweiligen Schreiben sind neben der eigenen Anschrift Versicherungsnummer und Kündigungszeitpunkt - hilfsweise «zum nächstmöglichen Zeitpunkt» - anzugeben.
Nicht vergessen: Die Einzugsermächtigung widerrufen. Wichtig ist auch, sich immer den Eingang bestätigen zu lassen. «Die Kündigungsfrist ist eingehalten, wenn die Kündigung innerhalb der Frist beim Anbieter ankommt», sagt Klug.
Bei einer Kündigung per Brief ist nicht der Poststempel ausschlaggebend, sondern das Eingangsdatum des Kündigungsschreibens beim Versicherungsunternehmen. Wer also einen Vertrag zum Ende des Monats September kündigen möchte und eine Kündigungsfrist von drei Monaten hat, muss dafür sorgen, dass das Schreiben spätestens am 30. Juni beim Versicherer ist.