15. Oktober 2020 – dpa

Länder kippen Beherbergungsverbot

Richter stoppen Beherbergungsverbot in zwei Bundesländern

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Streit über Corona-Beherbergungsverbot, Foto: Roberto Pfeil/dpa

Die umstrittenen Beherbergungsverbote für Reisende aus deutschen Gebieten mit hohen Corona-Infektionszahlen sind in zwei Bundesländern von Gerichten gekippt worden. In Baden-Württemberg setzte der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim das Verbot außer Vollzug, weil es ein unverhältnismäßiger Einschnitt in das Grundrecht auf Freizügigkeit sei. In Niedersachsen erklärte das Oberverwaltungsgericht Lüneburg das Verbot für rechtswidrig. Beide Entscheidungen sind nicht anfechtbar. In Sachsen und im Saarland kündigten die Regierungen an, die Regelungen aufzuheben.

Beim Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) konnten sich die Ministerpräsidenten der Länder am Mittwochabend auf keine einheitliche Linie verständigen. Die meisten Bundesländer hatten in der vergangenen Woche beschlossen, dass Bürger aus Regionen mit sehr hohen Corona-Infektionszahlen bei Reisen innerhalb Deutschlands nur dann in Hotels und Gasthäusern übernachten dürfen, wenn sie einen höchstens 48 Stunden alten negativen Corona-Test vorlegen können.

Baden-Württembergs Verwaltungsgerichtshof in Mannheim entschied jedoch, dieser Einschnitt in das Grundrecht auf Freizügigkeit sei unverhältnismäßig. Zudem habe das Land nicht darlegen können, dass Hotels und Pensionen «Treiber» des Infektionsgeschehens seien. Das niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg gab der Klage eines Ferienpark-Betreibers statt und erklärte das Beherbergungsverbot des Landes für rechtswidrig. In Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern liegen ebenfalls mehrere Eilanträge bei den zuständigen Oberverwaltungsgerichten.

Trotzdem wollen 7 der 16 Bundesländer vorerst an der Regelung festhalten. So erklärte etwa Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), es handle sich um ein scharfes Schwert, aber die Härte sei zumutbar. Schließlich hätten Wissenschaftler betont, dass Reisebeschränkungen einen wichtigen Beitrag zur Eindämmung der Viruszirkulation leisteten.

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Streit über Corona-Beherbergungsverbot, Foto: Ronny Hartmann/dpa

Dass die Regelung vielerorts beibehalten werden soll, stößt auch beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) auf scharfe Kritik: Im Gastgewerbe würden Existenzsorgen und Frust wachsen, erklärte Dehoga-Präsident Guido Zöllick am Donnerstag. Die Maßnahmen seien existenzgefährdend. Gerade die Umsätze in den Herbstferien wären für Hotellerie und Gastronomie notwendig gewesen. Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer forderte ebenfalls ein Ende der Beherbergungsverbote. «Unüberschaubare Regeln wie diese tragen schwerlich dazu bei, die so dringend notwendige Akzeptanz für die Sicherheitsmaßnahmen aufrecht zu erhalten», sagte er den Zeitungen der «Funke Mediengruppe».

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg reagierte auf den Eilantrag einer Familie aus Nordrhein-Westfalen, die einen Urlaub im Kreis Ravensburg gebucht hatte. Die Antragsteller kommen aus dem Kreis Recklinghausen, in dem das Infektionsgeschehen über dem Grenzwert von 50 Ansteckungen pro 100 000 Einwohnern in den vergangenen 7 Tagen liegt. Neben der Beschränkung der Freizügigkeit bemängelten die Richter, es sei nicht zumutbar, bis zu 48 Stunden vor Ankunft genommene negative Corona-Tests vorzulegen. Man könne nicht gewährleisten, dass Reisende in so kurzer Zeit einen Test erlangen könnten.

Sowohl in Baden-Württemberg als auch in Niedersachsen kann die Entscheidung des Gerichts nicht mehr angefochten werden. In beiden Ländern müssen sich Hotels und Pensionen damit ab sofort nicht mehr an die bisherigen Verordnungen halten.

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