08. November 2020 – dpa

Joe Biden neuer US-Präsident

Joe Biden gewinnt Präsidentenwahl - Donald Trump will nicht weichen

Praesidentschaftswah_67292315.jpg
Präsidentschaftswahlen in den USA - Delaware, Foto: Andrew Harnik/AP/dpa

Der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden hat die historische Wahl in den USA gewonnen. Mit einem Sieg im Schlüsselstaat Pennsylvania kam der 77-Jährige am Samstag nach einem tagelangen Wahlkrimi über die Marke von 270 Wahlleuten, die für einen Erfolg erforderlich sind. Der ehemalige Vizepräsident unter Barack Obama zeigte sich in einer ersten Reaktion «geehrt und demütig». Amtsinhaber Donald Trump machte aber sofort deutlich, dass er sich in die Niederlage nicht fügen will. Er erklärte: «Die einfache Tatsache ist, dass diese Wahl noch lange nicht vorbei ist.»

Damit stehen den Vereinigten Staaten nach einem beispiellos harten Wahlkampf weitere schwierige Wochen bevor. Trump hat bereits eine Heerschar von Anwälten auf den Weg gebracht, um seinen Abschied aus dem Weißen Haus zu verhindern. Der 74-Jährige will bis vors Oberste Gericht ziehen, den Supreme Court. Seit der Wahlnacht spricht er immer wieder von Betrug, ohne dafür irgendwelche Beweise vorzulegen. Anders als in den USA üblich verzichtete Trump auch darauf, den Gewinner anzurufen und seine Niederlage einzugestehen.

Praesidentschaftswah_67291368.jpg
Präsidentschaftswahlen in den USA - Delaware, Foto: Andrew Harnik/AP/dpa

Die Vereidigung ist für den 20. Januar nächsten Jahres geplant. Biden wird in den USA jetzt schon «President Elect» («Gewählter Präsident») genannt. Für den Ex-Senator bedeutet der Wahlsieg die Krönung einer mehr als vier Jahrzehnte umfassenden Karriere. Von 2008 bis 2016 war er Obamas Vize. Mit dann 78 Jahren wäre er der älteste Präsident, der in der Geschichte der Vereinigten Staaten das Amt übernimmt. Als seine Vizepräsidentin wäre die Senatorin Kamala Harris (56) die erste Frau und die erste Schwarze in diesem Amt. Auf den Straßen New Yorks und anderer Großstädte löste die Nachricht großen Jubel aus.

Mit dem Erfolg Bidens geht ein Wahlkrimi zu Ende, wie ihn die USA in dieser Form noch nie erlebt haben. Als erster ging nach einer tagelangen Zitterpartie der Nachrichtensender CNN am Samstag kurz vor 17.30 Uhr MEZ mit dem Sieg Bidens auf Sendung. Der Sender schlug Biden auch den Bundesstaat Pennsylvania zu, der über 20 Wahlleute verfügt. Damit übersprang Biden die magische Marke von 270 Stimmen. Kurz darauf folgten dann auch die anderen Sender, darunter auch Trumps bevorzugter Sender Fox News. Auch der umkämpfte Staat Nevada wurde dann als Erfolg für Biden gewertet.

In den USA ist es üblich, dass die Präsidentenwahl auf der Basis von Prognosen großer Medienhäuser entschieden wird - normalerweise noch in der Wahlnacht. Die amtlichen Ergebnisse kommen teils erst viel später. Wegen der Corona-Pandemie hatten Millionen Amerikaner dieses Jahr aber per Brief abgestimmt, weshalb sich die Auszählung der Stimmen hinzog. Der US-Präsident wird nur indirekt vom Volk gewählt. Die Stimmen der Wähler entscheiden über die Zusammensetzung des Wahlkollegiums, das den Präsidenten dann im Dezember wählt. Für einen Sieg braucht ein Kandidat die Mehrheit der 538 Wahlleute.

Aus der Bundesregierung kamen sofort Glückwünsche an Biden. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gratulierte mit den Worten: «Ich wünsche ihm von Herzen Glück und Erfolg. (...) Ich freue mich auf die künftige Zusammenarbeit mit Präsident Biden. Unsere transatlantische Freundschaft ist unersetzlich, wenn wir die großen Herausforderungen dieser Zeit bewältigen wollen.» Außenminister Heiko Maas (SPD) warb für einen Neustart der schwer angeschlagenen Beziehungen. «Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit der nächsten US-Regierung», schrieb er auf Twitter. «Wir wollen in unsere Zusammenarbeit investieren, für einen transatlantischen Neuanfang, einen New Deal.»

Praesidentschaftswah_67285299.jpg
Präsidentschaftswahlen in den USA - Trump, Foto: Evan Vucci/AP/dpa

Trump hatte viele Partner mit seiner unkonventionellen Art vor den Kopf gestoßen. Den Nato-Bündnisstaaten hatte er mit einem Rückzug der USA aus der Allianz gedroht und mit der EU und China Handelskonflikte vom Zaun gebrochen. Seine Weltpolitik stand unter dem Motto «America First».

Biden appellierte aus seinem Heimatort Wilmington an seine Landsleute: «Nach Abschluss des Wahlkampfes ist es an der Zeit, die Wut und die harte Rhetorik hinter uns zu lassen und als Nation zusammenzukommen.» Im Laufe des Abends wollte er sich als «President Elect» mit einer Rede an die Nation wenden. Biden bekommt nun schon erhöhten Schutz durch den Secret Service.

Trump, der das Weiße Haus zuvor tagelang nicht verlassen hatte, hielt sich in den letztlich entscheidenden Stunden auf dem Golfplatz auf. Auf Twitter verbreitete er dann die Botschaft: «Wir alle wissen, warum Joe Biden sich voreilig fälschlicherweise als Sieger ausgibt und warum seine Medienverbündeten so sehr versuchen, ihm zu helfen: Sie wollen nicht, dass die Wahrheit ans Licht kommt.» Biden sei «nicht als Sieger irgendeines Staates bestätigt».

Die Aussagen des amtierenden Präsidenten haben zunächst keinerlei rechtliche Auswirkungen. Sie markieren aber eine Zuspitzung des politischen Streits um die Wahl. Trump hatte sich noch in der Wahlnacht im Weißen Haus zum Sieger erklärt. Den Demokraten warf er sofort vor, die Wahl «stehlen» zu wollen.

Praesidentschaftswah_67293161.jpg
Präsidentschaftswahlen in den USA - Washington, Foto: Brian Cahn/ZUMA Wire/dpa

Bei der Abstimmung am Dienstag standen auch die 435 Sitze des Repräsentantenhauses und rund ein Drittel der Sitze im Senat zur Wahl. Beim Regieren könnte Biden auf die Mehrheit der Demokraten im Repräsentantenhaus setzen. Seine Partei konnte sich zunächst aber nicht die Kontrolle in der zweiten Parlamentskammer, dem Senat, sichern. Über die Mehrheit im US-Senat für die kommenden zwei Jahre entscheiden voraussichtlich erst zwei Stichwahlen im Bundesstaat Georgia Anfang Januar.

Biden hatte vor der Wahl versprochen, das tief gespaltene Land als Präsident aller Amerikaner zu einen und aus der «Zeit der Dunkelheit» zu führen. Er will die Corona-Pandemie mit einer nationalen Strategie eindämmen, die Beziehungen zu Verbündeten in aller Welt kitten und die USA in internationale Abkommen zurückführen. Zum Beispiel hat er eine Rückkehr der USA ins Pariser Klimaschutzabkommen angekündigt. Die Mitgliedschaft der USA dort endete am Mittwoch, nachdem Trump sie aufgekündigt hatte.

Der gewählte Präsident ist in zweiter Ehe mit Jill Biden (69) verheiratet. Die Demokraten standen im Kampf um das Weiße Haus zuletzt geschlossen hinter Biden, der zum moderaten Flügel der Partei gehört. Zudem hatten ihm einige Republikaner den Rücken gestärkt, um eine Wiederwahl Trumps zu verhindern. Wegen der Corona-Pandemie bestritt Biden einen extrem zurückhaltenden Wahlkampf - zunächst überwiegend digital, später auch mit einigen öffentlichen Auftritten. Im Unterschied zu Trump zeigte er sich stets mit Maske. Der Amtsinhaber wurde Anfang Oktober selber positiv auf das Coronavirus getestet.

Praesidentschaftswah_67292143.jpg
Präsidentschaftswahlen in den USA - Delaware, Foto: Andrew Harnik/AP/dpa

US-Wahlergebnis: Reaktionen von Biden und Trump im Wortlaut

So haben die beiden Präsidentschaftskandidaten Joe Biden und Donald Trump in ersten schriftlichen Mitteilungen auf die Wahl Bidens zum neuen US-Präsidenten reagiert:

Praesidentschaftswah_67254204.jpg
Präsidentschaftswahlen in den USA - Biden, Foto: Carolyn Kaster/AP/dpa

BIDEN:

«Ich bin geehrt und demütig über das Vertrauen, das das amerikanische Volk mir und der gewählten Vizepräsidentin Harris entgegengebracht hat.

Angesichts beispielloser Hindernisse stimmte eine Rekordzahl von Amerikanern ab. Das beweist einmal mehr, dass die Demokratie tief im Herzen Amerikas schlägt.

Nach Abschluss des Wahlkampfes ist es an der Zeit, die Wut und die harte Rhetorik hinter uns zu lassen und als Nation zusammenzukommen.

Es ist Zeit für Amerika zusammenzukommen. Und zu heilen.

Wir sind die Vereinigten Staaten von Amerika. Und es gibt nichts, was wir nicht tun können, wenn wir es zusammen tun.»

Praesidentschaftswah_67244653.jpg
Präsidentschaftswahlen in den USA - Donald Trump, Foto: Evan Vucci/AP/dpa

TRUMP:

«Wir alle wissen, warum Joe Biden sich voreilig fälschlicherweise als Sieger ausgibt und warum seine Medienverbündeten so sehr versuchen ihm zu helfen: Sie wollen nicht, dass die Wahrheit ans Licht kommt. Die einfache Tatsache ist, dass diese Wahl noch lange nicht vorbei ist. Joe Biden ist nicht als Sieger irgendeines Bundesstaates bestätigt, ganz zu schweigen von den stark umkämpften Staaten, die auf obligatorische Nachzählungen zusteuern, oder Staaten, in denen unser Wahlkampfteam begründete und legitime rechtliche Schritte eingeleitet hat, die den endgültigen Sieger bestimmen könnten. In Pennsylvania zum Beispiel wurde unseren Rechtsbeobachtern kein ausreichender Zugang gewährt, um den Zählprozess zu verfolgen. Legale Wahlstimmen entscheiden, wer Präsident ist, nicht die Nachrichtenkanäle.

Ab Montag wird unser Wahlkampfteam beginnen, unseren Fall vor Gericht zu verfolgen, um sicherzustellen, dass die Wahlgesetze vollständig eingehalten werden und der rechtmäßige Gewinner bestimmt wird. Das amerikanische Volk hat Anspruch auf eine ehrliche Wahl: Das bedeutet, dass alle legalen und keine illegalen Wahlstimmen gezählt werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Öffentlichkeit volles Vertrauen in unsere Wahl hat. Es bleibt schockierend, dass das Biden-Wahlkampfteam sich weigert, diesem Grundprinzip zuzustimmen, und will, dass Stimmzettel gezählt werden, auch wenn sie betrügerisch sind, gefälscht oder von nicht teilnahmeberechtigten oder verstorbenen Wählern abgegeben wurden. Nur eine Partei, die an Fehlverhalten beteiligt ist, würde Beobachter rechtswidrig aus dem Zählraum heraushalten - und dann vor Gericht kämpfen, um ihren Zugang zu blockieren.

Also, was versteckt Biden? Ich werde nicht ruhen, bis das amerikanische Volk die ehrliche Stimmenzahl hat, die es verdient und die die Demokratie verlangt.»

MEHR ZUM THEMA

undefined
105'5 Spreeradio Live
Audiothek